Die Welt der Puppen auf Schokoladenpapier
Seit vielen Jahren sammele ich Verpackungen von Schokoladenpapier. Einen großen Teil der Verpackungen habe ich über die Sammlerbörse in Prag bekommen. Zu meinen ersten ertauschten Papieren zählten damals Verpackungen der Marken Orion und Figaro. Es waren Verpackungen aus der Zeit der Tschechoslowakei. Mädchen mit den Namen Dana, Lena und Jana schmückten eine Serie von Verpackungen mit Ausschneidepuppen. Das Papier erfüllte also noch einen ganz anderen Zweck und diente nicht nur als Verpackung. Nach dem Verzehr der Schokolade konnte mit den Papieren gespielt und Kindern so eine doppelte Freude gemacht werden. Mit der Schere in der Hand konnte man die Mädchen mit Hut, Kleid oder Mantel einkleiden. Einem jeden Schokoladenpapiersammler wäre vermutlich der Schrecken ins Gesicht geschrieben würde man das Papier tatsächlich zerschneiden. Ich bin also sehr froh durch meine tschechischen Sammlerkollegen unbeschädigte Exemplare bekommen zu haben.
Puppen finden sich aber auch auf Schokoladenpapieren von anderen Schokoladenherstellern. Ich möchte hier einen kleinen Einblick geben in die Welt der Puppen auf Schokoladenpapier. Puppen haben eine lange Geschichte und gehören zu den frühesten Spielzeugen überhaupt und sind inzwischen wie Schokoladenpapier beliebte Sammelobjekte. Es gibt sie aus verschiedenen Materialien und für verschiedene Zwecke. Bevor Puppen zum Spielzeug wurden erfüllten sie in einigen Kulturen kultische Zwecke und Ihnen wurde magische bzw. religiöse Bedeutung zugeschrieben. Später im 17. und noch stärker im 18. Jahrhundert entwickelten sich die ersten kleinen Puppenfabriken in Europa bis sich in den 60iger Jahren des 20. Jahrhunderts eine ganze Puppenindustrie entwickelte, zu deren bekanntesten die Barbie-Puppe von Mattel gehört.
Inzwischen gibt es die Barbie seit über 60 Jahren. Die Amerikanerin Ruth Handler schuf am 09. März 1959 die Ur-Barbie. Zur Inspiration diente ihr eine deutsche Vorlage: die Puppe Bild-Lilli, welche Ruth Handler während eines Europaurlaubs im Jahre 1956 in einem Schaufenster entdecke. Barbie heißt eigentlich Barbara Millicent Roberts. Und die Herstellerfirma Mattel versah Barbie mit ihrer ganz eigenen Biografie. So hat Barbie z.B. mehrere Doktortitel als Frauen-, Kinder, Tier- und Zahnärztin. Eines ihrer hervorstechenden Kennzeichen war von Beginn an sich an aktuellen Modetrends zu orientieren. Die ungeheuere Wandlungsfähigkeit zeigen Schokoladenpapiere aus den 1990iger Jahren eines französischen Schokoladenherstellers.
Bevor Barbie populär wurde, entwickelten sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die sogenannten Künstlerpuppen. Hierzu zählen die unter der Marke Käthe Kruse hergestellten Puppen aus Deutschland. Sie wurden erstmals 1910 in einem Warenhaus in Berlin präsentiert. Sie zeichneten sich durch besondere Biegsamkeit aus und sahen sehr lebensecht aus. Käthe Kruse, die Namensgeberin und Erfinderin ging 1954 von der DDR in die BRD nachdem der ursprüngliche Betrieb in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt worden war. Zeitlich etwas später entwickelten sich in der Schweiz die sogenannten Sasha-Puppen, die auf Sasha Morgenthaler zurückgehen. Im Zeitraum von 1943-1975 wurden etwa 200 Originalpuppen hergestellt. Kennzeichen dieser Puppen war ihr asymmetrischer Ansatz, z.B. zwei Augen waren nie gleich gemalt. Exemplare dieser Künstlerpuppen finden sich auf Papieren der Lindt und Sprüngli Chocoladenfabriken, sowohl den deutschen Werken in Aachen und den schweizerischen in Kilchberg bei Zürich. Ein Pendat zu diesen Puppen in Südamerika sind die Puppen Marilu bzw. Margarita. Sie wurden ursprünglich in Deutschland produziert bis die Produktion nach Argentinien ging. Die chilenische Firma Calaf hat Ihnen eine Schokoladenpapierserie gewidmet.
Darüberhinaus gibt es eine Fülle weitere Puppenarten, z.B. Puppen, die typische regionale Kleidungsstile verkörpern, sogenannte Trachten- oder Souvenir-Puppen oder Marionetten die oftmals für Theateraufführungen zum Einsatz kommen. Erstere sind die Miniaturansicht einer Originaltracht und geben einen Einblick in alte Kleidungstraditionen. Der österreichische Schokoladenhersteller Schatzmann hat in einer Schokoladenserie seinerzeit Puppen mit typischen Trachten aus den österreichischen Kantonen auf den Markt gebracht. Zweitere sind eine besondere Form von Puppen, auch sogenannte Gliederpuppen genannt, die von einem Marionettenspieler mit Hilfe von Fäden bewegt werden. Die deutsche Schokoladenmarke Sonnina hat Figuren des bekanntesten deutschsprachigen Marionettentheaters, der Augsburger Puppenkiste als Motiv für seine Verpackungen gewählt.
Die Popularität von Puppen haben sich, wie wir hierbei sehen Schokoladenhersteller zu Nutze gemacht, um Familien, vor allem Frauen und Mädchen als Konsumenten zu gewinnen. Vermutlich nicht nur die, die hier dargestellt sind. Der hiesige Einblick erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt zweifelsohne mehr Puppen auf Schokoladenpapier und sicher noch vielmehr Puppen als auf Schokoladenpapieren sein können. Als Sammler von Schokoladenpapier bin ich auch kein Spezialist für Puppen. Daher wurden die hier erwähnten Papiere im Rahmen der Kiewer Puppen-Messe „Modna Ljalka“ 2020 erstmals einem Fach- und Laienpublikum von Puppenherstellern – und –sammlern gezeigt. Die Papiere von der Prager Sammlerbörse waren selbstverständlich auch dabei.
Mein herzlicher Dank an Stanislav Krámský für die Übersetzung ins Tschechische.
http://www.sberatel-ksk.cz
Veröffentlicht in Publikation am 27.08.2023 11:50 Uhr.